Meine sehr geehrten Damen und Herren, Lesbians, Gays, Gabis, Grrrls, Geeks, Nerds, Friends, Homos, Transen, Draqs, Fags, Dykes, Heteros, Butches, Femmes, Tomboys, Queers, Intersex, Trans*, Asex, Teddys, Rubbers, Blubbers und Schrubbers! To whom it may concern!
Sieht so eines Lesbe aus? Entscheiden Sie selbst!
Seit mittlerweile fünf Jahren bin ich out. Nicht immer war ich darüber proud. Mittlerweile schon, ganz entspannt und manchmal auch auf lesbian riot gebürstet. Homo-Krawalle gab’s in Berlin leider noch nicht. Ich wäre ganz vorn im pinken Block. Pink? Och nö, ich hasse pink. Blau ist meine Lieblingsfarbe. So still und tief – wie Liebe unter Frauen eben. Oh, bin ich jemandem zu nahe getreten? Verzeihung. Mein Empfinden, deine Schuld!
Was mich seit meinem Wechsel vom Cumming zum Coming Out beschäftigt, ist die Frage nach der Szene. Gibt es eine Homo- respektive homo(sic!)gene Lesbenszene? Wenn ja, wie sieht sie aus? Wer ist drin? Wer nicht? Und warum das alles?
Um diese Frage besser beantworten zu können, zog ich Anfang 2007 nach Berlin. Ich steppte seitdem durch diverse Homo- und Lesbianpartys, lernte sie alle kennen. War sogar fast mal richtig drin in dieser kleinen Berliner Lesbenszene, die jede Woche die gleichen Clubs besucht und auf den immer gleichen Partys die immer gleichen Frauen knallen. Kennst du eine, kennst du alle. Jede mit jeder. Alle schon mal vom Kuchen probiert. Zwischendurch ne Line Koks, drei Bier zu viel und auf den Schreck ein SchnäppSchen. Schnäppchen-Lesben inklusive. Die alles entscheidende Frage: Wer hat mit der DJane gefickt und kommt deshalb für umme in den Schuppen? Und warum sind hier eigentlich so viele Heten? Ist London ein Vorbild? Bin ich stylisch? Mag ich coole Mucke? Lasse ich mich heute so gehen, dass ich trotzdem wirke, als wäre ich in jeder Situation selbtstbeherrscht-egozentrisch genug? Dekadenz!
Richtig. Die lesbische Szene brüllt die Dekadenz von den Dächern. Das Klischee als Ghettoblaster und die Oberflächlichkeit als Streetstyle. Und mittendrin der Mob der Heteronormativität. Lesben definieren sich noch immer über Heterosexuelle. Entweder um sich ihnen und ihren Privilegien anzunäheren oder sich von ihnen abzugrenzen. Radikal? Nein! Bieder? schon eher. Noch immer höre ich Parolen wie: „Wir sind so anders, wir sind so geil!“ Wir ficken alle, weil wir gerne ficken. Da is gar nichts anders, du Vollidiotin. Höchstens deine strunzdumme Ignoranz.
Es werden neue Partnerinnen nicht akzeptiert, weil sie zu weiblich aussehen. Dass sich die lauteste der Ablehnerinnen alle fünf Minuten den Lidstrich nachzieht – geschenkt.
Es werden (lesbische) Freundinnen müde belächelt, die statt einer neuen Partnerin jetzt einen Mann an der Seite haben. Dass die müdeste der Lächlerinnen ständig davon redet, sich endlich einen Mann nehmen zu müssen, weil die ja eh viel unkomplizierter sind – geschenkt. Das Lesben-Magazin L-Mag spricht von Neo-Heteras…öööhm…joa. Und sonst so?
Es werden Beziehungen und Affären von anderen Lesben nach vorn, hinten und wieder zurück durchdekliniert, seziert, zerpflückt und mit Häme bestückt. Dass die eifrigsten Seziererinnen ihren Beziehungsstatus statt ihren Schlüpfer wechseln – geschenkt.
Es wird rumgeheult, dass keine neue Frau das Licht der Welt erblickt, um die vereinsamte alte Dame zu beglücken. Dass die einsamste von allen seit gefühlten 80 Jahren ihrer Ex hinterherhechelt – geschenkt. Dass das Hauptgesprächsthema beim lesbischen Date die Ex ist – geschenkt.
Täglich baden wir uns in unserem lesbischen Dasein, täglich stellen wir fest: Eigentlich sollten wir Bücher darüber schreiben, wie sich Lesben am besten pathologisieren lassen. Diese geisteskranken, liebestrunkenen Stuten.
Aber gibt es ein Wir? Ich sehe keins. Was ich täglich sehe, sind lesbische Fragen.
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