Als ich heute mal wieder feministische Themen unters Facebook-Volk brachte, schrieb mir eine meiner Besten folgendes auf die Pinnwand:
Also Lantzschi: genau deshalb könnte ich mich nicht jeden Tag mit solchen Themen beschäftigen! Ich geh hier beim hören kaputt! Das macht mich so wütend, wenn ich mitbekomme, wie Feminismus bagatellisiert wird, belächelt und sogar als Hindernis empfunden. Ich bekomme da nur „Wutstammeln“.
Wie kannst du da tagtäglich so ruhig bleiben!?
Mich würde erstmal interessieren, warum sie meine wütenden Pamphlete, die ich hier und bei der Mädchenmannschaft verfasse als „ruhig“ lablet, aber sie kennt mich wohl ganz anders…
Aber Unrecht hat sie natürlich nicht, als Feminist_in schlagen dir Hasstiraden entgegen und auch meine Mum war anfangs skeptisch, ob ich denn mit solch einem Studiengang (Gender) überhaupt später beim Chef (!) einen guten Eindruck beim Vorstellungsgespräch machen könne. Mal davon abgesehen, dass mir meine politische Einstellung nicht auf die Stirn geschrieben ist, würde ich sowieso nicht unter Chauvis arbeiten, egal welches Geschlecht sie auszeichnet.
Ich mach‘ diesen ganzen Mist seit nun mehr fast 1,5 Jahren, hab also ziemlich spät angefangen, mich für Feminismus und Gender zu interessieren. Ich stehe nach wie vor auf flache Witze, schöne Brüste und äußere mich ab und an sehr vulgär über hübsche Frauen, bei küssenden Heteros muss ich manchmal wegschauen. PC durchströmt also meinen Körper nicht vollständig, was ich gut finde und mit meiner mir selbst erarbeiteten Reflektiertheit rechtfertige. Das klingt jetzt sicher arrogant, für mich bedeutet es Selbstschutz. Sonst müsste ich mich wohl selbst verleugnen. Denn der Grund für mein politisches Engagement ist nicht: Lantzschi wird ein besserer Mensch, sondern: Lantzschi versucht zu verstehen und Widersprüche auszuhalten. Dazu gehören die eigenen, die im näheren sozialen Umfeld und die in der Gesellschaft.
Dazu gehören leider auch die Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, die mindestens 1x im Vierteljahr in mein Email-Postfach flattern, abwertende, sexistische und frauenfeindliche Kommentare und gierige Blicke süffisant grinsender Männer bei dem Anblick meiner Hand in der Arschtasche meiner Freundin. Das wäre mir früher a) nie passiert oder b) einfach nicht aufgefallen. Manch eine_r kann nun sagen, mensch Lantzschi, hätt’ste dit ma sein jelassen mit dem Emanzenkram, hätt’ste deine Ruhe und wärst glücklij.
Nun, alles eine Frage der Perspektive.
Ich würde entgegnen: Ich habe endlich ein politisches Thema gefunden, für das ich mich begeistern kann (davor wäre ich in die Kategorie „politikverdrossen“ oder „Stammtisch“ gefallen), einen neuen/zusätzlichen Lebensinhalt, Menschen kennen und lieben gelernt, die mein Leben bereichern und mein Herz mit wohliger Wärme füllen und mehrere Perspektiven für die Zukunft. Meine Persönlichkeit beginnt endlich, die Fühler auszustrecken.
Es ist ein schönes Gefühl mit Feminismus erwachsen zu werden.
So. Und jetzt lese ich Valerie Solanas.
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