Seit nun mehr als zwei Jahren schlage ich mich durch Berlin und seine Bars, Kneipen, Cafés und Clubs mit Rauchverbot. Zu Beginn dachte ich: OMFG, es wird ganz furchtbar werden. Ich fühle mich diskriminiert, warum gehen die Nichtraucher_innen eigentlich nicht raus, um frischen Sauerstoff zu atmen?
Und eigentlich ist es seit über zwei Jahren total entspannt. Am Anfang bekam ich immer Panik. Suchen wir jetzt bitte ein Lokal, wo mensch rauchen darf? Sonst halt ich es in dem Laden keine zwei Minuten aus. Mittlerweile ist die Lage entspannt und mir ist es völlig wurst, ob ich da rauchen darf oder nicht (Der Mensch ist ein Gewohnheitstier). Zugegeben, es gibt einen unschönen Nebeneffekt: in vollen Clubs rieche ich nun alle Körperausdünstungen. Nikotin und Teer haben das bis dato ganz gut verdeckt. Dementsprechend rochen dann aber auch meine Klamotten am nächsten Tag. Widerlich.
Das wars allerdings mit negativ. Das Positive überwiegt am Rauchverbot. Meine Klamotten stinken nicht mehr, ich rauche weniger und ich tue aktiv etwas für meine Gesundheit und die aller Nichtraucher_innen. Denn das ist das wichtigste Argument: Es ist kein Rauchverbot (auch wenn das diskursiv so dargestellt wird), sondern ein Nichtraucherschutzgesetz.
Ich meide kleine Lokalitäten, die einen Scheiß darauf geben, ob die Lüftung funktioniert oder nicht und nach spätestens zwei Minuten meine Augen anfangen zu tränen oder ich keine Luft mehr bekomme. Ich meide abgetrennte Raucherbereiche, die einen Scheiß darauf geben, ob die Lüftung funktioniert oder nicht und nach spätestens zwei Minuten meine Augen anfangen zu tränen oder ich keine Luft mehr bekomme. Lieber rauche ich gar nicht als dort dem Tod direkt ins Auge zu sehen.
Ich kann jede_n verstehen, der sich durch das Nichtraucherschutzgesetz in seiner/ihrer Freiheit eingeschränkt fühlt. Ich kann jede_n Nichtraucher_in verstehen, der/die dasselbe Gefühl vor Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes hatte. Noch immer werden in der Diskussion die Freiheiten von Raucher_innen und Nichtraucher_innen gegeneinander gestellt und bewertet. Völlig sinnlos und letztlich auch zu kurz gedacht.
Ich führe kurz aus, warum. Und zwar aus ethisch-normativer Sicht. Wir sind alle Menschen, und weil das so ist, sind wir alle gleich. Faktisch, formal. Und weil wir formal alle gleich aufgrund unseres Menschseins sind, stehen uns auch Freiheiten zu. Die Freiheit zu rauchen, die Freiheit eben das nicht zu tun. Niemand verbietet uns das (zumindest dann, wenn wir volljährig sind), niemand bestimmt darüber, was wir nikotintechnisch zu tun und zu lassen haben. Allerdings: Wir sind gleich. Und aus diesem Grund steht uns allen das gleiche Maß an Freiheit zu. Freiheit ist ein Menschenrecht. Raucher_innen haben jahrhundertelang ihre Freiheit in vollem Maß ausgeschöpft und dabei die Freiheit von Nichtraucher_innen beschnitten. Es gab mehr Räume, in denen geraucht werden durfte als solche, die rauchfrei bleiben mussten. Die Freiheit der Raucher_innen überwog also die Freiheit der Nichtraucher_innen. Aus ethischer Sicht ist diese ungleiche Verteilung von Freiheit nicht okay und schlussendlich krümelkackrig betrachtet eine Beschneidung des Menschrechts auf Freiheit der Nichtraucher_innen. Und da wir das selbst nicht hinbekommen haben, griff der Staat regulativ ein, um Verteilungsgerechtigkeit herzustellen, um Freiheit und Gleichheit aller neu auszubalancieren. Mit dem Nichtraucherschutzgesetz. Es regelt nun eine halbwegs gleiche Verteilung der Freiheiten beider Seiten. Ich finde das völlig in Ordnung, ich finde nur die Umsetzung an einigen Stellen so lala (Beispiel: siehe oben mit den Raucherbereichen).
Sebaso hat viele tolle Argumente gesammelt, was man wie hätte anders machen können, um nicht wie gerade in Bayern geschehen diese dämliche Volksabstimmung, deren Aussagekraft über den Volkeswillen zu bezweifeln ist, als unausweichlichen Weg zu sehen.
Diesen Texte hätte ich mir in dieser Länge sparen können. Ein schnelles „Rücksicht nehmen“ müsste eigentlich ausreichen. Eigentlich.
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