Disclaimer: erz von der Kontextschmiede hat mich bezüglich dieses Themas um ein kurzes Statement gebeten. Ich kann es leider nicht kurz fassen, deswegen dieser Beitrag.
Anne Roth in einem DCTP-Interview, rege Frauenbeteiligung bei der Re:publica 2010 und ein gut aufgestelltes Netzwerk feministischer BloggerInnen: Reicht das, um die Diskursfelder (oder Diskursarenen – ich habe so mein Problem mit dieser Diskurstheorie und ihren Begriffen) Feminismus, Gender, Queer, Diversity, Gleichstellung und Gleichberechtigung so anzukurbeln, dass sie auch außerhalb dieser Netzwerke wahrgenommen werden? Nach einem halben Jahr Beobachtung muss ich diese Frage leider mit Nein beantworten.
Während es unsere männlichen Bloggerkollegen immer wieder schaffen mit ihrem Themenmix weitreichende Diskussionen auszulösen, die es nicht selten bis in die Mainstreammedien schaffen und haften bleiben, gelingt es der (queer)feministischen Bloggerszenerie kaum in diese Sphären vorzustoßen. Wie erz richtigerweise feststellt, ist das Netz nichts weiter als ein Abklatsch patriarchaler Strukturen aus dem Real Life.
Nun kann und will ich niemanden dafür verurteilen, sich nicht für oben genannte Anliegen zu interessieren und dementsprechend auch nicht darüber zu bloggen. Andererseits ist das Netz aber nicht nur eine billige Contentmaschine, sondern auch eine billige Contentweiterreichungsmaschine. Und das wird sträflich vernachlässigt. Oftmals lese ich auf den großen deutschsprachigen Blogs Texte (von Männern geschrieben), die sich genau um die o.g. Themen drehen. Weiterführende Links? Leider Fehlanzeige. Fehlanzeige ebenso die Diskussionen darunter, die an einigen Stellen beispielgebend dafür sind, warum Gender & Diversity noch immer hochaktuelle Problemfelder sind und nicht einfach mit: „Frauen und Männer sind doch gleichberechtigt“ heruntergeredet werden können.
Wäre es nicht wichtig und richtig, an eben diesen Punkten und Texten anzusetzen, Links auf entsprechende Blogs und Inhalte zu geben, ExpertInnen zu interviewen, Streitgespräche zu führen und auch queerfeministische Ansätze in Kapitalismuskritiken (als Beispiel) unterzubringen, um das Blickfeld zu erweitern? Es gibt unzählige Möglichkeiten, das Spektrum an Ideen und Ausrichtungen zu erweitern und damit gleichzeitig bestehende Netzwerke zu verknüpfen. Davon Gebrauch machen nur die allerwenigsten. Mir scheint, als würden diese Themen und die Menschen, die täglich darüber bloggen, nicht ernst genug genommen. Obwohl ich mir absolut nicht vorstellen kann, dass die sogenannten A-Blogger nicht längst um deren Existenz wüssten.
Falls doch, dann fühlt wohl dieses Zitat auf den Zahn der Zeit:
Das erste Privileg der Weißen, von Männern, Mitgliedern bessergestellter Gesellschaftsschichten, der Heterosexuellen, der Nichtbehinderten ist, völlig in Ignoranz der Tatsache zu leben, dass sie privilegiert sind. (via Kontextschmiede)
Ungeachtet der Ungerechtigkeit dieser pointierten Bestandsaufnahme: Warum nicht aus der Not eine Tugend machen und die Privilegien ausnutzen? Die Hand reichen, eine Räuberleiter bauen und die vielen BloggerInnen mit hinauf hieven auf die Mauer des Schweigens, da wo viele Blogs bereits ihren Platz gefunden haben, um regelmäßig einen lauten Shout nach draußen zu blasen?
Ja, Frauen haben digitale Diskursmacht, doch sie reicht nicht aus, um im digitalen Raum eine permanente und kräftige Stimme zu haben. Es wäre ein Zeichen der vielen Netzaktivisten, Blogger und Digital_Magaziner, sich mehr für Frauen in den eigenen Reihen zu öffen und beim gleichen Themensetting auf andere Denkrichtungen hinzuweisen oder aber gar Inhalte (queer)feministischer BloggerInnen hinzuweisen, sie aufzugreifen, weiter zu diskutieren, eigenen Input reinzugeben und … ach was erzähl ich euch da: eigentlich genau denselben Kram machen, den ihr auch bei Datenschutz, DEM Internet, digitale Bürgerrechte und der letzten Schmähkritik auf Westerwave so blendend beherrscht.
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