Journalistin mahnt Blogger ab – ein Aufschrei. Die alten Schemen und Vorurteile sind wieder im Kopf. Böse gegen gut. Goliath gegen David. Die doofen Massenmedien gegen den armen kleinen Publizisten. Vielleicht würde es in diesem Fall besser passen, „Butter bei die Fische“ damit zu assoziieren.
Eva Schweitzer, von Hause aus Kolumnistin, schreibt aus den USA kleine Anekdoten für die taz und Zeit Online. Philipp von nom nom nom fand einen ihrer Artikel so berauschend, dass er einen seiner Blogposts mit Zitaten von ihr füllte. Das passt der Eva nicht und nun steht der Philipp da mit einer Schadensersatzforderung von über 2.000€. Es lohnt sich aber, die Dinge mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Das ist der Blogeintrag, um den es geht.
Das ist die Kolumne, von der Zitate übernommen wurden.
Sieht man sich die Größenordnung des Zitats, das Zitieren als solches und die inhaltliche Auseinandersetzung mit Evas Geschriebenen durch Philipp an, muss man leider zugeben, dass Philipp wohl nicht weiß, wie ein Zitat auszusehen hat.
Er nennt zwar die Quelle, weder aber Urheber, noch bedient er sich in einer nachvollziehbaren Weise an dem, was Eva da geschrieben hat. Er stellt lediglich eine Frage in den Raum, die Eva ihm und seinen Lesern in drei großen Absätzen beantwortet. Das geht über die rechtliche Grundlage eines Kleinzitats hinaus. Dass Eva sich hier zu Recht beschwert, steht also völlig außer Frage.
Nun hat der Johnny sich des Falls angenommen. Und der Markus. Gerechtfertigt wird Philipps Zitierweise pauschal mit einem „neuen medialen Ökosystem“ (Markus). Was auch immer das sein soll.
Ich gehe soweit d’accord, dass viele Menschen keine Medienkompetenz in Sachen Internet besitzen und dass die Schadensersatzforderung in diesem Fall weit über die Verhältnismäßigkeit hinaus geht. Wie Eva versucht, an einer Privatperson und einem privaten Blog ein Exempel zu statuieren, ist mehr als nur eine Perversität des neuen Medienalltags durch das Internet.
Wahrscheinlich wird Eva ihre Forderung zurückziehen. Hope so.
Ich würde mir in Zukunft allerdings wünschen, dass die Betroffenen, sofern sie Medienkompetenz ihres Gegenübers verlangen, sich ein bisschen Rechtskompetenz zulegen (oftmals reicht es auch nur zu wissen, wo man nachlesen kann, falls man sich unsicher ist). Ein wenig mehr Wertschätzung desjenigen aufbringen, von dessen Textpassagen man doch so begeistert ist.
Eva hat sich in der Sache geäußert. Über die Art und Weise ihrer Formulierungen darf man geteilter Meinung sein. Vorurteile, Abwertungen, Ressentiments. Großkotz galore. Aber leider hat sie im Kern wieder Recht. Weder Johnny, noch Markus haben sich mit ihr auseinandergesetzt, bevor sie um Großangriff auf die vermeintlich Bösen und Unterwanderer des „neuen medialen Ökosystems“ bliesen.
Zu einer differenzierten Sichtweise auf dieses brandaktuelle, sehr wichtige Thema gehört es nämlich, dass man beide Seiten anhört, eigene Sichtweisen, Vorurteile, Schubladen reflektiert und womöglich kritisch hinterfragt. Vielleicht kommt man dann auch mal auf vielleicht etwas für „die Bloggerszene“ und Vorreiter und Vorkämpfer des „neuen Urheberrechts“ unpopuläre, unbequeme Erkenntnisse.
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