Hetero und Solidarität

Zwischen Penisgesängen und Queer-Theorie reden Leah und ich über Heteros in feministischen Kontexten, Männer, Solidaritätsgedanken und heterosexuelle Selbstinszenierung. Darüber hinaus geht es noch um ein paar Definitionen, eigene Erfahrungen mit Hetero(sexismus), geschützte Räume und das leidige Thema Privilegien.

Wir haben versucht, auf akademische Sprache weitestgehend zu verzichten, unklare Begriffe zu bärklären und trotzdem nicht in die Falle des gewaltvollen Alltagsslangs zu tappen. Für kritische Hinweise sind wir trotzdem dankbar.

Leah und ich wollen die Podcast-Reihe über Heterosexualität in unregelmäßigen Abständen fortführen. Das Themenspektrum ist vielfältig, also her mit euren Ideen/offenen Fragen und ran an die dominanten Kategorien!

Heterosolidarität by lantzschi

Link zur Mädchenmannschaft: Warum es manchmal okay ist, Heteros doof zu finden.


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8 Antworten zu „Hetero und Solidarität“

  1. Was ich nicht verstehe… Zum Schluss geht es darum wie viel man im Privaten von sich preisgibt. („Mein Schatz mag keine Oliven“) Inwiefern ist das anmaßend für Außenstehende? Natürlich weiß ich nicht, ob das für sie traumatisierend ist, aber das scheint mir so willkürlich zu sein. Das könnte ja für jedes potentielle Erlebnis, Alltagsgeplänkel gelten, worüber man eben so spricht. Konsequent alles private auszublenden, oder jedes Thema auszulassen, das Rückschlüsse auf sexuelle Identität/Orientierung usw. lässt um das Gegenüber nicht in eine unangenehme Situation zu bringen ist doch irgendwie nicht praktikabel.

    Ich verstehe durchaus, dass es nervenaufreibend sein kann seinem übewiegend hetero-geprägtem Umfeld weißzumachen, dass das nicht selbstverständlich ist. Aber nimmt man seinem Gegenüber nicht am besten den Wind aus den Segeln, wenn man sagt „Ach, das kenn ich, meine Freundin kann Oliven auch nicht ausstehen, ich esse immer ihre wenn wir ausgehen.“ (Kitschalarm ;) )

    Natürlich liegt die Bringschuld nicht bei den nicht-heterosexuellen Menschen, aber ist es nicht einfach total unrealistisch zu erwarten, dass jeder Mensch, auch die, die sich keinen Deut mit Sexualität in welcher Form auch immer auseinandergesetzt haben, auf andere Menschen zu gehen und Heterosexualität nicht voraussetzen? Idealzustand ist natürlich, dass jeder informiert und offen ist, aber wo gibt es schon Idealzustände.

    Ansonsten muss ich sagen, ich bin total positiv von deiner Stimme und Art zu sprechen überrascht. Irgendwie habe ich mir dich viel strenger vorgestellt ;)

  2. Leah

    Liebe Dani,

    Da monogame Heterosexualität gesellschaftliche Norm ist, was Begehrens- und Beziehungsform betrifft, kann ich in einem politisch nicht definierten Raum (wie hier: Arbeitskontext) nicht von einem geschützen Raum ausgehen. Sprich: ich kann mir nicht einfach so sicher sein, nicht diskriminiert / durch verschiedenste Reaktionen als anders markiert zu werden, wenn ich dieser Norm nicht entspreche.

    Wird zusätzlich von einer Person / Personen, diese Norm immer wieder reproduziert, in diesem Falle durch verbale Äußerungen von heterosexuellen Selbstverständlichkeiten (mein Schatz mag keine Oliven), wird diese Unsicherheit hinsichtlich meiner eigenen Position vergrößert.

    Natürlich könnte ich auf so etwas antworten wie du es vorschlägst. Aber nur, wenn ich mich gerade dazu in der Lage sehe, durch die Reaktion, derer ich mir eben nicht sicher sein kann, nicht verletzt zu werden bzw. damit gerade umgehen zu können.
    Dazu will ich auch nochmal deutlich machen dass es hier noch nicht mal um „krasse“ Reaktionen geht. Verletzen können ja auch schon überraschte Blicke oder seltsame Sprüche, die irgendwie betonen dass es ja „schon ok ist so zu leben wie man will“.

    Was wir meinten mit unseren Beispielen:
    Durch ein immer wieder herstellen der Hetero-Norm (durch eine heterosexuelle Selbstpositionierung) wird eine aufgrund eines Merkmals marginalisierte Person auf ihren „Platz verwiesen“. Nämlich auf eine von der Norm abweichende Position.

    Das bedeutet nicht, keine Geschichten mehr aus dem Alltag zu erzählen. Es bedeutet aber, im Hinblick auf Solidarität wie wir sie diskutiert haben, sich dessen bewusst zu sein was bestimmte Äußerungen über eigene Selbstverständlichkeiten mit dem Umfeld machen können und dementsprechend zu handeln.
    Sprich: Muss ich, wenn ich erzähle dass ich die leckeren Oliven vom Markt gekauft habe unbedingt dazu sagen dass Schatzi die nicht mag? Oder reicht ersteres und dass ich selbst Oliven gerne mag?

    Zu deinem zweiten Punkt, ob es unrealistisch ist dies zu erwarten: Ist es vielleicht, je nach Kontext.
    Gegenfrage: Sollten wir nicht gerade deswegen öfter mal darüber sprechen was so unsere eigenen Privilegien sind und wie diese sich in unseren Verhaltensweisen widerspiegeln?

    Und: Wenn ich immer davon ausgehe, ob ich etwas für unrealistisch halte oder nicht, komme ich ja ganz schnell zu dem Punkt aufzugeben und überhaupt nichts mehr kritisieren zu können.

  3. Mh mh, so habe ich das weitestgehend auch verstanden.
    Diese Art von Normenreproduktion gibt es ja in vielerlei Hinsicht, besonders bezogen auf alle möglichen Rollenbilder („Frau“, „Mann“, „Mutter“…). Damit wird man ja tagtäglich konfrontiert und ich habe eher das Gefühl, dass man eingefahrene Menschen besser zum Umdenken anregen kann, wenn man sie herausfordert, sprich, wenn man mit den Eigenschaften, die anecken (lesbisch-sein, keine Kinder haben wollen, als Mann gerne ins Ballett zu gehen oder was auch immer) konfrontiert.
    Anders ist da glaube ich kein Umdenken zu erwarten und das ist ja genau der kritische Punkt, da man natürlich von Privatpersonen nicht erwarten kann, dass sie ein gläsernes Leben führen, nur um anderen die Augen zu öffnen. Ich erlebe das selbst mit meinem Veganismus so. (Okay, das hab ich mir nunmal ausgesucht, aber ich denke das Beispiel funktioniert trotzdem analog.) Natürlich will ich nicht in jedem Kontext, mit jeder Person darüber reden. Natürlich weiche ich oft aus, manchmal lüge ich sogar, schiebe Allergien vor usw. Dafür gibt es viele Gründe und mein Gegenüber hat die zu akzeptieren. Und ja, ich bin auch genervt von der „Unwissenheit“ meines Gegenübers, er ist in einer omnivor lebenden Gesellschaft aufgewaschen und bekommt von Klein an beigebracht, dass das gut, selbstverständlich und normal ist.
    Vor allem ist derjenige sich seiner Stellung ja nicht bewusst, genauso wenig wie ihm die Vorteile einer anderen Einstellung auch nicht bewusst sind. Dieses Gerüst abzulegen kostet Zeit und Mut und die wenigsten kommen von alleine darauf, sondern müssen darauf hingewiesen werden, was frustrierend für alle Seiten ist.

    Den Begriff unrealistisch habe ich deswegen benutzt, weil ich denke, dass man Menschen – um jetzt mal bei eurem Beispiel, also Cis-Heteros zu bleiben – eben nicht einfach so dazu bekommt all ihre Maßstäbe fallen zu lassen und neu zu ordnen. Ich bin stark dafür, sich auch für unrealistische Ziele einzusetzen (mach ich ja selbst auch), aber man muss sich doch eingestehen, dass die Leute tatsächlich in der Regel nicht von alleine darauf kommen, sondern Anstöße brauchen. Und wenn man will, dass sie zu reflektieren beginnen, muss man ihnen einen Grund dazu geben. Wie sollten sie Heteronormativität erkennen (oder besser noch: in Frage stellen) wenn ihre Welt einen absoluten hetero-Anschein hat und sie Schwule nur aus Sex & the City kennen?
    Im Grunde ist es ein klassisches Dilemma.

    P.S. Menschen, die so übertrieben oft von ihrer Beziehung sprechen, haben mich eh schon immer genervt, weil ich insgeheim denke, dass sie eigentlich zutiefst unsicher sind und das damit kompensieren, dass sie ständig allen unter die Nase reiben, wie happily in love sie doch sind. Oder das sie eben sonst nichts im Leben haben als Mausebärchen. Aber ich habe auch noch nie darüber nachgedacht, wie das auf nicht-Heteros wirkt. Schon allein, weil ich Schwule kenne, die auch so reden.

  4. Dazu zwei Dinge.
    Ich stimme dir zu, dass es wichtig ist in solche Situationen zu intervenieren. Vollkommen.
    Je nach Tagesform und Motivation wäre die von dir beschriebene Art und Weise wahrscheinlich auch die, die ich meist wählen würde.
    Da widersprechen wir uns glaube ich gar nicht. Wir haben im Podcast nur nicht über Interventionsmöglichkeiten gesprochen, sondern erstmal über Situationen, in denen es zum Beispiel eine solidarische Person erfordert hätte, die über Auswirkungen und Wirkweisen von Privilegien / Diskriminierung weiß und sensibilisiert ist.
    Wir haben quasi erstmal die Situation beschrieben und das, was uns daran ärgert. Bzw. ´darüber gesprochen -wie- so etwas funktioniert / welche Mechanismen hier greifen.
    Der nächste Schritt, wenn mensch sich für eine Intervention entscheidet, ist dann deiner.
    Im Hinblick auf Solidarität wäre das dann zb ein_e Hetero_a die / der sich schon mit diesen Dingen auseinandergesetzt hat und solidarisch interveniert.

    Ein kleines Problem habe ich jetzt bei deinem P.S.
    Vollkommen richtig, mich nerven auch Menschen, die ständig in wir-Form sprechen, ihre Beziehung auf eine anstrengende Art nach außen kehren usw.
    Es ist aber doch ein Unterschied, wenn es sich dabei um eine Hetero oder eine nicht-Hetero Beziehung handelt.
    Nicht hinsichtlich des Nervfaktors :) aber sehr wohl hinsichtlich der Dynamiken und Wirkungen die dadurch in einen öffentlichen Raum getragen werden (öffentlich hier im Sinne sobald mindestens eine Außenstehende Person anwesend ist)

  5. Da stimme ich dir vollkommen zu! Deutlich machen wollte ich damit auch nur, dass es mir auf Grund dessen nie in den Sinn gekommen wäre, dass es jemanden (abseits des üblichen Nerv-Faktors ;) ) stört, weil es ja gerade im Alltag ist, schwierig ist zu reflektieren und zu differenzieren. Noch dazu, wenn die Situationen nicht direkt aufeinander folgen. Mir fällt das zugegeben auch sehr schwer, obwohl ich immer versuche vorsichtig zu sein. Aber ich geb mir Mühe ;)

  6. Werner

    Danke für diesen Podcast und auch danke an die kurze Diskussion im Kommentarfeld, die mir weitergeholfen hat. Dennoch habe ich immer noch einige Probleme zu verstehen, wie das genau mit dem heterosexuellen positionieren gemeint ist; speziell auf das Nach-außen-tragen der eigenen Beziehung bezogen. Für mich zählt das ganze bisher nur unter den gewissen Nerv-Faktor, ich verstehe nicht ganz wie mensch sich davon angegriffen fühlt wenn die Person über den/die PartnerIn spricht. Also ganz ohne irgendwelche Wertungen oder komische Blicke hinsichtlich anderer Sexualitäten. Ebenso zeige ich doch meine Sexualität nicht offen, wenn ich von „mein Schatz“ spreche, das kann ja jedes Geschlecht sein. Dazu müsste ich doch automatisch davon ausgehen, dass diese Person heterosexuell ist.
    Ansonsten wirklich ein gelungenes Gespräch :)

  7. mme

    Vielen Dank für den tollen Podcast! Ich hab ihn sehr gern gehört in meinem momentan nicht sehr feministischen Alltag (mittelgroße Stadt in Südosteuropa, da geht leider nicht sehr viel…). Besonders interessant fand ich als Frau, die in meist heterosexuellen Beziehungen lebt die Passage darüber, weshalb Heteras sich des Öfteren gegen flt*-Räume und Arbeitskontexte ohne Männer aussprechen. Ich selbst bin großer fan von flt*-Räumen oder Gruppen, die zumindest klar nicht-männlich dominiert sind oder Männer ausschließen. Und habe in heterosexuellen Beziehungen auch immer wieder z.T. sehr schwierige Diskussionen darüber, ich habe die Erfahrung gemacht, dass es in dieser Frage sehr schnell ans Private geht. Das ist ziehmlich gut, da ich dadurch Strukturen und Machtverhältnisse in meinen eigenen Beziehungen mehr hinterfrage. Aber es ist auch oft schwierig und schmerzhaft – ich kann in heterosexuellen Beziehungen manche Diskussionen nur mit Anstrengung führen, mir wird auch immer wieder bewusst, dass es für mich als Feministin nicht unbedingt einfach ist, Beziehungen mit Männern (und das sind solche, die sich als pro-feministisch verstehen, mit anderen kann ich keine Beziehungen führen) zu haben. Wenn ich weder meine feministischen Aktivitäten/Einstellungen noch das Beziehungen-mit-Männern-haben aufgeben möchte, muss ich mich immer wieder in ein Spannungsfeld begeben. Das ist auch oft bereichernd, aber wie gesagt auch stressig, ich möchte halt auch für die eigene Beziehung nicht unbedingt Erklärbärin spielen.
    Also ja, ich kann mir gut vorstellen, dass es viele Heteras gibt, die sich ungern als „Männerkritisch“ oder „Männerhasserin“ bezeichnen möchten (ich würde mich auch nicht als „Männerhasserin“ bezeichnen, aber erstens find ichs auch irgendwie witzig, wenn mir das unterstellt wird und zweitens steh ich männlichem Dominanzverhalten nun mal sehr kritisch gegenüber), weil das eben schnell dazu führt, das eigene Beziehungsleben hinterfragen zu müssen. Was ich auch gut finde, eigene Verhaltensmuster hinterfragen ist numal nicht schmerzfrei. Und Tüpen ständig auf die Schulter klopfen, weil sie das ein oder andere feministische basic begriffen haben, muss definitiv nicht sein.
    Zu dieser „mein Schatz“ -Sache, das nervt. Das nervt mich auch dann, wenn ich eine Beziehung mit einem Mann hab. Ich probiere, den Menschen, bei Ihrem_seinem Namen zu nennen oder von meiner Beziehung zu sprechen. Manchmal sind Menschen dann ziehmlich verwirrt, wenn sie feststellen, dass es sich um einen Mann handelt, was mich ziehmlich amüsiert.
    Ich fands auf jeden Fall toll, mehr Input zu Hetero-Privilegien zu bekommen, hier merke ich mal wieder, was das eigentlich für mich bedeutet und wie frei ich mich bewegen kann im Gegensatz zu Menschen, die nicht als Hetera gelesen werden oder mit ihrer nicht-hetero-Beziehung im öffentlichen Raum unterwegs sind, so im Kontrast zu queere/linke Szene in dt. Großstadt, wo auch nicht alles rosig ist….

  8. […] ist und_oder ich mich  gegen Homophobie und Heterosexismus engagiere. Und auch, wenn ich das nicht hören […]

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