Wir sind Rassisten*

Absoluter Lesebefehl. Noah Sow – Deutschland Schwarz weiß: Der alltägliche Rassismus.

Ich habe gelacht und gestockt, war geschockt und ergriffen, war peinlich berührt und fühlte mich ertappt, an früher erinnert, an Schulbücher erinnert und an Kaffeeklatsch der Familie, als ich noch herzlich mitlachte. Zirkusveranstaltungen, die ich gern besucht habe. Ich dachte zurück an Äußerungen von Freunden und an meine eigenen. An meine Denkstrukturen und meine Bilder im Kopf. Und gleich fielen mir diese unsäglichen Blogsposts wieder ein, in dem das alles verharmlost wurde und mir das nicht auffiel. Später fielen mir Äußerungen auf, in denen ich mich als Weiße diskriminiert fühlte – von Nicht-Weißen(!). Danach fielen mir all die anderen Diskriminierungsformen auf, die dieselben Verteidigungsmuster enthalten. Fuck of Mehrheitsgesellschaft.

Ich habe trotzdem Angst davor, mich damit auseinander zu setzen. Einerseits, weil es Arbeit für mich bedeutet und andererseits ein weiteres noch viel größeres geöffneteres Fass und noch viel größere Verleugnungstaktiken und Demütigungen einer Dominanzgesellschaft, denen Menschen in der Antidiskriminierungsarbeit ausgesetzt sind. Aber bei weitem nicht dieselbe Erfahrung, die Opfer von täglichem Rassismus machen.

Dieses Buch zu lesen ist ein Anfang und erinnert an fundamentale Eigenschaften des Menschen: Zuhören, Aufnehmen, Verstehen, Sensibilisieren, Reden und Rassismus.

*Sie finden diese Headline plakativ? Sehr richtig. Sie finden, dass diese Headline zu provokant ist? Anders: Sie empfinden diese Headline als zu provokant. Weil sie nämlich der Wahrheit entspricht.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

19 Antworten zu „Wir sind Rassisten*“

  1. Jana

    hab mir gerade die ersten seiten online durchgelesen. dieses buch erweitert definitiv meine kleine sammlung. bin gespannt, wo ich mich überall wiederfinden werde.

    allein schon die einleitung bekommt 5 sterne.

  2. Danke für den Buchbefehl! Es wird sicherlich eine anstrengende aber erkenntnisreiche Lektüre werden.

  3. Und schon kann ich mich der Zustimmung nicht mehr erwehren. Vor allem mit der Überschrift. Aber für meinen Artikel mit gleicher Stoßrichtung hatte ich, glaube ich, schon Werbung gemacht ;-)

  4. @all: bitte.

    @erz: Ich erkenne keine gleiche Stoßrichtung. du hast ALLE Menschen als Rassisten bezeichnet, rassifiziert, rassistische Sprache benutzt und Rassismus verharmlost (u.a. „Spielart“ (sic!) von Diskriminierung). Ich bezeichne alle weißen Menschen als Rassisten und deklariere Rassismus nicht als naturgegebenen Akt der Unterscheidung. Rassismus ist ein selbstbestimmter weißer Dominanz- und Herrschaftsanspruch seit der Kolonialzeit, Rassismus ist Gewalt.

  5. KessyR

    Eigentlich wollte ich mich ja mit schreiben eher zurückziehen hier…aber..so wie hier die Diskusionen entfachen, sollte ich dieses Buch wohl auch lesen , obwohl mir ein wenig die Zeit dafür fehlt. Zu Deinem letzten Satz ,ist zu sagen @lantzschi , das dieser meine volle Zustimmung findet. Aber auch hier gilt es wieder…, der Grund dafür ist in den Köpfen der Menschen zu finden und dagegen kann und muss man was tun….und die Verganenheit lehrte uns ja bis jetzt es ist ein langer beschwerlicher Weg..das Ziel noch nicht in Sicht. Denn Rassismus und Diskriminierung gibt es nicht nur unter den Völkern unterschiedlicher Abstammung ,sondern auch in den eigenen Reihen…wie wir ja wissen und immer wieder erfahren.

  6. @KessyR: Rassismus ist für mich keine Diskriminierung ethnischer Herkunft/aufgrund ethnischer Zuschreibungen. Es gibt allerdings verschiedene Definitionen. Zumindest in diesem Kontext geht es um Schwarze und weiße. Und die Aussage „Rassismus in den eigenen Reihen“ hätte ich gern mal erklärt bekommen. Ich erfahre nämlich keinen Rassismus. Du?

  7. KessyR

    Du bist aber fix…na gut versuch ich’s mal so..obwohl mir das schreiben , wie Dir nicht so gegeben ist…ich rede lieber und wie gesagt ist es meine Ansicht die ich da vertrete…die muss niemand mit mir teilen..Zu Deinem letzten Satz…nein ,erfahre ich persönlich nicht , wie so manch andere Dinge die Du hier in Deiem Blog ansprichst..(wohl Glück gehabt) Du lebst auch in Deinem eigenem Land, somit ist es eher unwahrscheinlich mit Deinem Auftreten dies zu erfahren.Dennoch leben wir in einem Land mit unterschiedlichen Nationalitäten…auch wenn viele hier geboren wurden…ist ihre Herkunft ersichtlich..Auch was bitte ist mit dem Ost-West Konflikt.(ehm. DDR u. BRD).sind wir denn nicht alle Deutsch? Das meinte ich mit eigene Reihen… Auch stand nicht nur Rassismus , sondern auch Diskriminierung dabei…was einhergeht.und diese erleben ja viele Menschen…täglich auch ohne rassistischen Hintergrund. Rassismus heißt für mich ich diskriminiere…bis hin dann zur Gewalt..(was ich in den Fall nicht tue) Ich hoffe Du kannst mit der stichpunktartigen Erläuterung was anfangen..wenn nicht lass es mich wissen( nur dann brauch ich mehr Zeit..)

  8. ok. dann verstehe ich nur die intention hinter deinem kommentar nicht, denn um ost-west-konflikt gehts hier am allerwenigsten. gut.

  9. KessyR

    Du verstehst mich nicht anscheint…(Ost-West K.) ist ein Beispiel gewesen,( es ging hier nicht um den Konflikt der Politik, sonder der unter den Menschen untereinander, die ,die Wende im Erwachsenenalter erlebt haben ) in soweit. Rassismus wird heute breitgefächerter ausgelebt, als vor den Jahren (Deiner Kolonialzeit). Du schreibst von Dominanz und Herrschaftsansprüchen…die sich heute fast überall wiederfindet.Für mich ist Rassismus( wenn ich den Medien folge) nicht nur einhergehend..mit Ausländerhass, sondern richtet sich der bereits gegen die, die schon anders denken , handeln oder leben. Schau auf die Strassen..du begegnest ihm…Sicher ist auch die Erkenntnis, die Du beschreibst, das man sich selber ertappt und wenn es nur verbal ist ,erschreckent. Keiner wird als dieser Rassist geboren und doch gibt es so viele…Meine Zeilen beliefen sich halt nicht nur auf die hier schwarz und weiß Sicht, sonderen im allgemeinen , weil er uns auch im allgemeinem begegnet..und nicht außer acht gelassen werden sollte. Wie gesagt das Buch habe ich noch nicht gelesen, kenne also auch nicht den gesamten Ihnhalt..somit sind meine Ausführungen, nur bezugnehmend auf die Zeilen hier und meine Ansichten darüber.Betonung liegt auf „meine“. Mag sein dass,das auch eine Alterseinstellung ist..Ungeachtet dessen lese ich gern Deine Beiträge und zolle Dir Respekt dafür. Auch hat es bei uns hier in einer kl. Runde eine Diskusion ausgelöst, was ich nicht als Nachteil Deiner Arbeit empfinde.

  10. ich versteh trotzdem nicht, was das mit dem buch zu tun hat. schon klar, dass sich diskriminierung verschieden äußert. darum ging es aber wie gesagt gar nicht. dieses überbetonen von anderen diskriminierungsformen…was hat das in der schwarz-weiß-diskussion zu suchen? falls dich irgendwer scheiße behandeln sollte, werde ich dir jedenfalls nicht erzählen, dass irgendwo im pazifik von der japanischen flotte wale gejagt werden oder das ozonloch immer größer wird. auch scheiße. aber nicht das thema.

    rassismus ist by the way kein bloßes nicht-akzeptieren oder nicht-tolerieren menschen, die anders denken.

  11. A.B.

    Oh mann, jetzt bin ich doch nochmal hier hängengeblieben:

    Das Buch ist klasse, es führt einem die eigenen Stereotypen des Fremden vor. Es rüttelt die eigenen Vorstellungen durcheinander, man beginnt, Dinge mit den Augen des Anderen zu sehen.
    Lasst das mal so stehen.

    Das Buch hat nur einen Fehler:
    Es ist zweidimensional.

    „Rassismus ist kein Problem der Schwarzen, sondern der Weissen“?
    So einfach ist es nicht.
    Gerade, wenn man denkt, man zieht sich den Schuh nicht an, merkt man, dass man ihn schon trägt, sagt die Autorin selbst am Anfang, und da hat sie Recht, denn es ist mitnichten so, dass „Schwarze“ mit anderen „Nicht-Weissen“ besser umgehen würden als die „Weissen“ mit ihnen.

    Es ist gut, dass solche Bücher geschrieben und gelesen werden.
    Ich finde es aber unfair gegenüber „den Weissen“, die ohnehin schon das Buch lesen wollen, ihnen nochmal ein schlechtes Gewissen einzureden.
    Dritte Reiche gibt es zu jedem Zeitpunkt auf der Welt, und Rassismus auch, die Deutschen sind nicht schlechter als der Rest der Welt.

  12. @A.B. „unfair“, „deutschland ist nicht so schlecht“ und „schlechtes gewissen“? das sind tatsachen. wieso soll es unfair sein, den weißblechen mal in your face zu sagen, was sie anrichten mit ihren kleinen unverfänglichen nebensätzen? das buch löste zumindest bei mir kein schlechtes gewissen aus, sondern machte mich auf meine eigenen verhaltensweisen aufmerksam und ist auch keine haudraufkeule mit aber du, aber du, aber du. da steht auch nicht drin, dass weiße schlechte menschen sind. da wird über ihr verhalten geredet. und ja wer sich den schuh anzieht, das unfair zu finden und ein schlechtes gewissen zu haben, der trägt ihn bereits, nicht wahr? sie redet ja nicht vom weltweiten rassismus, sondern vom rassismus in deutschland. ist halt die frage, ob man sich auf das buch einlassen kann oder ob die borniertheit und der stolz regiert. no offense.

  13. A.B.

    @lantzschi

    Ich habe das aus meinen Erfahrungen mit Deutschen UND Afro-Deutschen geschrieben.
    (Überhaupt versuche ich, nur Dinge zu kommentieren, von denen ich aus erster Hand weiss, die ich selbst auch miterlebt habe und/oder kenne. Wenn nicht, schreibe ich das dazu.)

    Natürlich muss sich niemand ein schlechtes Gewissen machen lassen,
    in der Einleitung steht aber geschrieben, dass „Rassismus ein weisses Problem ist, kein schwarzes“.

    Ich finde, das ist unfair, aber es deckt sich mit dem Selbstbild vieler (VIELER, nicht aller) Afro-Deutschen.
    Es gehört zu dem Buch dazu und unterstreicht seine Wirkung, aber man hätte darauf verzichten können, denn so einfach ist es nunmal nicht!
    Mehr habe ich nicht gesagt.

  14. A. B.

    PS Vielleicht könnte es sich lohnen, nochmal die NLP Unterlagen durchzugehen. No offense!

  15. Im buch ist dieses schwarz-weiß Problem so beschrieben, dass Rassismus von weißen oftmals zu Lasten der Opfer umgekehrt wird. „du bist so empfindlich. Rassismus ist also dein Problem“ – da steht nicht, dass Rassismus einzig und allein nur von weißen verübt wird. Dass die mehrheit der weißen rassistisch sind, bleibt davon unberührt.

    Man muss auch mal bei der Sache bleiben: in dem Buch geht es um weißen deutschen Rassismus an afrodeutschen und schwarzen. Zu sage n es wäre zu einseitig, aber die machen ja auch, unfair usw. Geht einfach am Thema und an der aussage des Buches vorbei

  16. A. B.

    Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass ich das Buch gut finde.

    Insofern gibts für mich ja nicht viel mehr zu sagen…
    ausser, das eben ein Haken dabei ist, wie bei jeder Sache, und dieser Haken ist wieder eine Angriffsfläche.

    Weil das genau in die Entnazifizierungskerbe schlägt, und die Falschen trifft.
    Die Richtigen lesen das Buch erst gar nicht!

  17. Makeba

    @A.B. Das versteh ich nicht. Warum ist denn Rassismus NICHT „ein weisses Problem, und kein Schwarzes“?
    Wer sind den die „Richtigen“? Die „richtigen Rassisten“ meinst Du?
    Und was um alles in der Welt ist unfair an einem (vermeintlichen) Selbstbild („VIELER, nicht aller“) Afrodeutschen, das beinhaltet, dass Rassismus nicht ihr Problem ist?
    Irgendwie ist deine Erklärung des ominösen „Hakens“ net schlüssig…

  18. A.B.

    Ich habe mich von euren Reaktionen auf meinen Kommentar vor Monaten ganz schön unverstanden gefühlt. Vielleicht verstehe ich heute besser, warum.

    Es gibt in Deutschland nicht nur „weisse Deutsche“ und „Afrodeutsche“ und „Schwarze“. Es gibt viel mehr Dimensionen. Ich erlebe regelmäßig Rassismus von Afrodeutschen gegen Schwarze, von Türken zB gegen Afrodeutsche, von Weissen gegen vermeintliche „Ausländer“ usw usf… Man kann das nicht so vereinfachen.

    Ich sage das deshalb, weil ich auch Rassismus von Afrodeutschen gegen mich erlebe, mit dem Argument, sie allein seien berechtigt, sich diskriminiert zu fühlen.
    Das Buch schlägt meiner Meinung nach in diese Kerbe, was nicht so recht weiterhilft.
    Ich wiederhole noch einmal: Ich sage das als jemand, die WEDER in die eine, NOCH in die andere Gruppe gehört. Ich habe keine solche Parallelgesellschaft oder „Mehrheitsgesellschaft“, wie das jetzt heisst, in der ich Bestätigung von Gleichgesinnten bekomme.

    Bevor jetzt wieder üble Sprüche von euch kommen:
    Das ist nur mein Kommentar dazu. Nur eine Ergänzung.

  19. A.B.

    PS Und im Gegensatz zu einem Grossteil der Afrodeutschen KENNE ich afrikanische Gesellschaften, habe Jahre lang in einer gelebt und spreche eineinhalb ihrer Sprachen. Sie sind genauso rassistisch oder nicht rassistisch wie ich und wie ihr.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.